Kennen Sie den Ausspruch „putzt bis glänzt“?
Er steht sinngemäß dafür, dass alles picobello, perfekt und einwandfrei dasteht. Meine Großmutter, eine arbeitssame Frau, war Chefin eines Malermeisterbetriebs, sie war nie müde und hat Zeit ihres Lebens geputzt. Was das in einer Malerei bedeutet, können Sie sich vorstellen. Fast 80 Jahre später, im Jahr 2023, wird man als Chefin nicht mehr nur putzen, um bei den Kund:innen einen guten Eindruck zu erwecken, sondern man setzt wirkungsvoll auf PR-Maßnahmen: Fotografiert Bilder von den besten Arbeiten und ergänzt sie mit flotten Texten, bevor man diese postet; organisiert Kundenveranstaltungen; platziert das Unternehmens-Logo auf den T‑Shirts des lokalen Sportvereins – wichtig dabei ist, dass es „glänzt“! Wann hat der Kunde aber tatsächlich das Gefühl, dass das ihm angebotene Bild wirklich passt? Anders formuliert: Wann wirkt eine Organisation mit ihren Dienstleistungen und Produkten echt, glaubwürdig und es ist somit wert, sein Geld auszugeben?
Eine mögliche Antwort liegt darin, die — zugegebener Maßen sehr wichtige — „Schauseite“ einer Organisation, die nach außen hin durch Artefakte wie das Firmengebäude, die Flaggen, die Homepage, die Firmenkleidung sichtbar ist, auch mit der formalen und informellen Seite zu gleichen Teilen tragfähig auszubilden.
Die formale Struktur einer Organisation beschreibt, wie die Rädchen ineinandergreifen. Mit formalen Strukturen werden demnach Voraussetzungen für nachfolgende Entscheidungen geschaffen. Sie können dem Kunden glaubwürdig vermitteln: „Wir können die Dienstleistung/ das Produkt zeitgerecht, wie bestellt und in hoher Qualität liefern“. Aber allein mit der Einhaltung der formalen Organisationsstruktur geht eine Organisation und ihre Mitarbeitenden zugrunde (siehe Beitrag: „Brauchbare Illegalität“). Die Kultur prägt maßgeblich das Handeln in einer Organisation. Sie ist die Summe der Gewohnheiten einer Organisation.
Dieses „Kundenzufriedenheits-Dreieck“ der Schauseite – der formalen Struktur – der informellen Struktur zu managen ist Aufgabe der Organisation. Sie im Gleichgewicht zu halten und sich dabei den stetig wechselnden Umwelten anzupassen, ist für Organisationen und ihre Mitarbeitenden herausfordernd. Das bewusste Arbeiten daran lohnt sich!
Heute verfügen wir über ein umfassendes Wissen aus der Organisationsforschung, sie gibt uns Begriffe und Modelle an die Hand, die beschreiben was meine Oma damals mit „putzt bis glänzt“ gemeint hat. Und zwar: die Kund:innen nehmen die fehlende Ausgewogenheit wahr, beziehungsweise belohnen die wahrgenommene Ausgewogenheit – schenken der Organisation und den Produkten auch unbewusst Glaubwürdigkeit und belohnen es mit ihrem Kaufverhalten.
• Welches Kundenbild möchte ich als Organisation erzeugen?
• Welche Beiträge leisten bereits gesetzte Maßnahmen zum Erzeugen der Schauseite?
• Wo ist der “weiße” Fleck, was kann ich als Organisation nicht sehen, was aber meine Kunden sehen?
• Welche fördernden und hindernden Strukturen hat die Organisation?
• Wie sind Entscheidungskompetenzen, Spezialisierungen und Hierarchien gestaltet?
• Gibt es Widersprüchlichkeiten/Doppelgleisigkeiten in der Tätigkeit bei Funktionen?
• Welches Weltbild, welche Annahmen, welche Gefühle herrschen vorrangig?
• Welches Selbstverständnis prägt das Handeln in der Organisation?
• Welche Normen und Überzeugungen bilden sich heraus?
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